VERMUMMUNGSVERBOT INS STRAFRECHT – WAS BEDEUTET DIESES EIGENTLICH?

Um die eigendiche Thematik erläutern zu können, ist es Voraussetzung, die zur Zeit bestehende Rechtslage darzustellen. Das Vermummungsverbot ist zur Zeit als Ordnungswidrigkeit in § 17a des Versammlungsgesetz (VersG) geregelt.

Aufgrund dieser Norm wird das Tragen von Vermummungegenständen (= eine Aufmachung, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern) oder von Gegenständen der passiven Bewaffnung (Helme usw.) untersagt. Der Verstoß gegen diese Regelung kann mit einer Geldbuße bis zu DM 1000,- geahndet werden. Diese Regelung des VersG soll nun in das Strafgesetzbuch (StGB) übernommen werden. Dabei ändert sich zwangsläufig die Höhe der Strafandrohung, da es im StGB eine spezielle Begrenzung einer Geldstrafe nicht gibt; des weiteren wird dann auch, wie im StGB generell, eine Freiheitsstrafe angedroht werden.

Doch in der Erhohung der Strafandrohung liegt nicht das eigentliche Problem. Die Problematik findet sich im Legalitätsprinzip,

unter dem das Strafrecht steht. Dieses Prinzip bedeutet vereinfacht dargestellt, dass die Polizei immer dann eingreifen muss, wenn gegen ein Strafgesetz verstoßen wird. Solange das Vermummungsverbot im VersG geregelt ist, ist dieses nicht der Fall; hier ist ein viel weiterer Raum für die Abwägung gegeben, ob die Polizei nun eingreift oder nicht. Durch die Übernahme würde dieser Bereich der Abwägung eigentlich verloren gehen. Doch zeigt sich gerade hier, dass die geplante Änderung in der Praxis leerlaufen wird.

Ein Beispiel dazu: Man stelle sich einmal vor, dass eine
Demonstration mit etwa 3000 Menschen stattfindet, darunter circa 500 Personen, die vermummt sind. Die Polizei ist nun nach der neuen Regelung gezwungen, diese 500 Personen festzunehmen, um ihre Identität festzustellen, da dieses die Voraussetzung für jede Strafverfolgung ist.

Wie soll das geschehen, so fragt man sich. Denn schon zum jetzigen Zeitpunkt ist ein solches Vorgehen der Polizei überwiegend nicht möglich, da die Gefährdung für Leib und Leben der Beamten zu groß ist. Personen, die Schusswaffen und andere Waffen (wie etwa Zwillen mit Stahlkugeln) mit zu einer Demonstration nehmen, werden sich nicht einfach festnehmen lassen. Zu welchen Taten vereinzelte Teilnehmer bei Demonstrationen fähig sind. zeigen die heimtückischen Morde an der Startbahn 18 West. Solche Personen werden sich nicht ohne Widerstand den obengenannten Maßnahmen unterziehen. Somit steht fest, daß auch nach einer diesbezüglichen Gesetzesänderung keine andere Situation gegeben ist und die Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen nicht eingeschränkt werden können, denn kein verantwortlicher Hundertschaftführer der Polizei wird seine eingesetzten Beamten einer solchen Sachlage aussetzen, vielmehr hat er auch dann abzuwägen zwischen der Gesundheit und dem Leben der Beamten einerseits und andererseits der Pflicht einzugreifen.

Auch der Vorschlag, den jeweiligen verantwortlichen Beamten vor Ort der Entscheidung über das Eingreifen zu überlassen, ändert nichts an der Sachlage, da gerade die obige Situation festgeschrieben wird und eine Änderung, wie gerade ausgeführt, nicht eintritt.

Die gesamte Problematik der Gewalt bei Demonstrationen lässt sich nur lösen, wenn im Vorfeld geeignete Maßnahmen ergriffen werden,

das heißt die Gewaltenstehung muss vorher schon verhindert werden. Deshalb sind vor einer Demonstration verstärkt Durchsuchungen der anreisenden Personen durchzuführen; in einigen Städten hatte die Polizei damit schon großen Erfolg. Des weiteren ist an eine Änderung der Strafprozessordnung zu denken, nämlich an die Schaffung eines präventiven Haftgrundes. Dieses würde bedeuten, dass Personen, die dafür bekannt sind, dass sie zu Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen neigen, vorher und bis zum Ende der „Veranstaltung“ in Haft genommen würden.

Ob dafür aber eine neue gesetzliche Regelung notwendig ist, ist fraglich, da schon zur Zeit solche Maßnahmen aufgrund der Regelung des jeweiligen Polizeigesetzes eines jeden Bundeslandes vorgenommen werden können. Die zur Zeit geltenden gesetzlichen Regelungen würden, bei ihrer sachgerechten Anwendung, somit auch genügen.

Neue Gesetze sind, wie die kürzere Vergangenheit hinsichtlich von Veränderungen im StGB gezeigt hat, nur sinnvoll, wenn sie letztlich auch in der Praxis umgesetzt werden können.


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