KEIN SCHWARZ-WEISS-DENKEN IN DER ORGANSPENDE

Jens Spahn hat sich mal wieder geäußert. Soweit nichts Überraschendes. Dass es aber diesmal sein Themengebiet und sogar ein wichtiges Problem betrifft, ist dagegen höchst erstaunlich.
Es geht um die Organspende. Diese bedarf dringend einer Reformation, da es deutlich zu wenige Spenderorgane gibt, wodurch tausende Menschen auf eines warten müssen. Insgesamt kommen in Deutschland auf eine Million Einwohner noch nicht einmal 10 Spender, wobei allerdings 84% der Deutschen der Organspende grundsätzlich positiv gegenüberstehen.
Wie also kann man die zweite Statistik nutzen, um die erste zu korrigieren? Gesundheitsminister Spahn schlägt einen Wechsel zu einem Opt-out-Verfahren vor. Dabei ist jeder Mensch so lange Organspender, bis er diesem aktiv widerspricht. Das ist eine komplette Umkehr des momentanen Opt-in-Verfahrens, bei dem eine Person erst Organspender wird, wenn sie diesem auf einem Organspendeausweis zustimmt. Das birgt Probleme, die letztendlich zu dem Mangel an Spenderorganen führen. Fehlende Aufklärung führt dazu, dass viele Menschen nicht genügend über das Verfahren einer Spende informiert sind und sich deswegen nicht trauen, das „Ja“ auf dem Ausweis anzukreuzen. Zum Teil fehlt aber auch das Wissen, dass ein Organspendeausweis benötigt wird, wenn man seine Organe spenden will. Bei diesen Problemen würde schon eine groß angelegte Informationskampagne helfen. Allerdings hört es da noch nicht auf, denn Menschen sind oft faul und beschäftigen sich nicht mit diesem Thema, wenn sie nicht müssen. Die Hürde, selbst aktiv zu werden und einen Ausweis zu beantragen, ist dadurch hoch und wer beschäftigt sich schließlich schon gerne mit seinem eigenen Tod. Hier würde Jens Spahns Vorschlag greifen, da nun jeder Organspender ist, bis er sich mit dem Thema beschäftigt und aktiv widerspricht.
Allerdings wird damit über das Ziel hinausgeschossen. Denn eine „automatische“ Organspende ist ein deutlicher Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen. Kein Gesetz sollte einem diese Entscheidung vorwegnehmen. Stattdessen sollte man sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen und für eine freie und eigenständige Wahl haben. Und da auch die Frage der Organspende nicht nur schwarz und weiß ist, gibt es auch hier eine dritte Möglichkeit, die die Vorteile beider Optionen verbindet.
Bei der Mandated-Choice-Regelung muss man sich entweder für „Ja“ oder für „Nein“ entscheiden. Diese Wahl muss getroffen werden, wenn man seinen Reisepass oder Personalausweis beantragt oder verlängert und sollte sich natürlich jederzeit verändern lassen. Dadurch wird das Selbstbestimmungsrecht gewahrt, aber gleichzeitig ist keine zusätzliche Eigeninitiative erforderlich, um sich als Organspender zu registrieren, weil der Behördengang sowieso erforderlich ist. Nichtsdestotrotz ist eine groß angelegte Informationskampagne auch mit diesem Verfahren weiterhin erforderlich, um die Bürger bei ihrer Entscheidung bestmöglich zu informieren und zu unterstützen.
Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung bei diesem wichtigen Thema nicht den zweiten Schritt vor dem ersten macht und sich letztendlich für die Mandated-Choice-Regelung ausspricht, welche die Vorteile von Opt-in und Opt-out vereint.Von Raphael Meyer
Der Inhalt der Blog-Beiträge spiegelt die Privatmeinung der einzelnen Autoren wieder und ist nicht zwingend Beschlusslage der Jungen Liberalen Hessen