JEF POLEN

JEF: die Abkürzung steht für Jeunes Européen Fédéralistes (Junge Europäische Föderalisten). Die JEF ist die Jugendorganisation der Union der Europäischen Föderalisten (UEF), die in vielen europäischen Ländern vertreten ist. Sie verfolgen das Ziel, Europa näher an den Bürger und den Bürger näher an Europa zu bringen. So auch in Polen. In Warschau hat sich unser Landesvorstandsmitglied Vivien Florczyk mit dem Vorsitzenden der JEF Polen getroffen. Dabei ging es insbesondere um die Stellung Polens in Europa und natürlich um die weitere Entwicklung dieses Gemeinschaftsprojekts.

JEF Polen ist mit insgesamt 70 Mitgliedern recht klein. Dies kann am mangelnden Interesse an Europa und der Europäischen Union liegen. Es kann aber auch daran liegen, dass das ehrenamtliche Engagement hier in Polen noch nicht so weit ausgebaut und von den Menschen angesehen wird, wie anderswo. Polen ist für Europa allerdings nicht uninteressant, und ebenso ist Europa nicht uninteressant für Polen. Dies realisieren auch immer mehr junge Menschen in Polen. Paolo Tinti, Vorsitzender von JEF Polen, gewährt uns einen Einblick.

Vivien: Paolo, wie bist du auf JEF Polen aufmerksam geworden und wie hat sich eure Organisation bisher entwickelt?

Paolo: Auf einem Kongress in Brüssel organisiert vom „European Youth Forum“ traf ich auf den Vorsitzenden der JEF Dänemark. Er berichtete mir, dass JEF nun auch in Polen existiert. Gegründet wurde die Organisation im Jahr 2015 von Studenten aus Deutschland und Frankreich, die im Sinne des Erasmus Programms ein Semester in Warschau verbrachten. Geleitet wurde sie zu der Zeit von Laura, die von London aus die Organisation übernahm. Mit ihr nahm ich Kontakt auf und trat den JEF Polen bei. Die Zusammenstellung der Organisation war sehr international. Zu Beginn gab es nur zwei einheimische Mitglieder, neben mir noch Michael. Nachdem Laura den Vorsitz an Michael übergab, begann JEF Polen zu wachsen, da sie nun auch die polnischen Menschen ansprach. Seit Juni 2018 habe ich die Stränge in der Hand und die Organisation wächst weiter.

Vivien: Warum engagieren sich junge Polen bei euch?

Paolo: In erster Linie möchten sie den Geist Europas spüren. Über Ausflüge durch ganz Europa haben sie die Möglichkeit, den Kontinent näher kennen zu lernen. Sie lernen neue Menschen und Kulturen kennen und fangen dadurch an, einander besser zu verstehen. Insbesondere entdecken sie auch neue Möglichkeiten, die sie in Polen nicht haben. Gerade dann erkennen sie die vielseitigen Chancen, die die EU bietet und die Wichtigkeit, für ein stabiles und offenes Europa zu kämpfen.

Vivien: Mit welchen europäischen Partnern arbeitet Polen eng zusammen?

Paolo: Polen hat zwei große Kooperationen. Zum einen das nach Westen orientierte Abkommen, das sogenannte Weimarer Dreieck. Die Kooperation findet mit den Partnern Frankreich und Deutschland statt. Zum zweiten die Kooperation der mitteleuropäischen Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, die die Visegrad-Gruppe bilden. Aufgrund einiger kultureller Missverständnisse hat sich Polen im Frankreich-Deutschland-Polen Verhältnis oft als Anhängsel gefühlt. Die Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland ist so tief, dass Polen das Gefühl hatte, von den beiden Partnern nicht ernst genommen zu werden. Seit der Flüchtlingskrise sind die V4-Staaten enger zusammengewachsen.

Vivien: Wie bewertest du denn die Kooperation zwischen Frankreich, Deutschland und Polen – das Weimarer Dreieck?

Paolo: Das Weimarer Dreieck wäre ein gutes Beispiel dafür, wie Multilateralität in Europa funktionieren könnte. Damit die Weimarer-Dreieck-Kooperation allerdings gelingt, müssten Deutschland und Frankreich sich noch stärker bemühen, Polen miteinzubinden. Polen fühlt sich im Dreierbündnis oft benachteiligt mit der Annahme, der Westen glaube, der Osten sei aufgrund seiner Historie ein nicht so starker Partner wie die Länder im Westen. Dabei haben die osteuropäischen Länder eine größere Affinität in Richtung Westen als in Richtung Osten nach Russland. Eine starke Kooperation würde eine starke Opposition gegen Russland bedeuten.

Vivien: Welche Rolle seht ihr in Angela Merkel?

Paolo: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine besondere Beziehung zu Polen aufgrund ihrer eigenen Wurzeln. Während der Okkupation Ost-Deutschlands hat sie selbst erfahren, wie es ist, in einem kommunistischen Regime zu leben. Auch deshalb ist ihr eine gute Beziehung zu Polen so wichtig. Viele Menschen in Polen haben Bedenken, dass wenn die Kanzlerin abtritt, die Nachfolge über gute Beziehungen in Polen nicht bestrebt ist.

Vivien: Worin sollten Polen und Deutschland enger zusammenarbeiten?

Paolo: Gerade in zwei Bereichen sollten Deutschland und Polen zusammenarbeiten. Zum einen eine stärkere Zusammenarbeit in der Justiz. Deutschland und Polen könnten hier das Herz Europas bilden. Zum anderen gerade unter Berücksichtigung der Globalisierung im Bereich Wirtschaft. Der Handelsumsatz zwischen den beiden Ländern betrug im letzten Jahr 118 Milliarden Euro. Eine starke Zusammenarbeit durch gemeinsame Projekte, beispielsweise gemeinsamer Innovationsprojekte, könnte beiden Nationen zugutekommen.

Vivien: Wie bewertet ihr die Initiative für Europa von dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron?

Paolo: JEF Polen unterstützt die europäische Idee Macrons. Mehr Kooperationen und eine starke Zusammenarbeit gerade im Hinblick auf die Themen Wirtschaft, Sicherheit und Soziales sind uns sehr wichtig.

Vivien: Vielen Dank Paolo für das aufschlussreiche Interview!

Die neuesten Ideen für Europa könnt ihr auf der Seite „Treffpunkteuropa“ (http://www.treffpunkteuropa.de) finden, wo die JEF Organisationen aus verschiedenen europäischen Ländern schreiben. Auch ihr habt die Möglichkeit, eure eigenen spannenden Artikel einzureichen. Ihr habt Lust euch näher mit Europa zu beschäftigen? JEF ist auch vor Ort bei uns in Hessen und steht euch als regionaler Ansprechpartner bereit (info@jef-hessen.de).


Einen Kommentar hinterlassen