WOHIN GEHT DER WEG DER GEWERKSCHAFTEN?

Gerade 6090 eines Abiturjahrgangs, dies haben jüngste Untersuchungen ergeben, planen nach dem Abi ein Studium zu beginnen.
Das heißt, daß ca. Ein Drittel der Abiturienten. Auf jeden Fall eine betriebliche Ausbildung in Angriff nehmen will. Die Gewerkschaften und ihre Jugendverbände dürften sich also eines Ansturms junger Leute, gleich welcher Ausbildung, sicher sein. Doch sind die Gewerkschaften überhaupt noch attraktiv, welches Bild bieten sie in der Öffentlichkeit und wie stellt sich ihre Haltung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen dar? Im allgemeinen liegen die Aufgaben der Gewerkschaften in der Förderung der wirtschaftlichen und sozialen, beruflichen und kulturellen Belange der Arbeitnehmer. Konkret verfolgen sie diese Zielvorgabe durch Forderungen nach einer gerechten Verteilung des Sozialprodukts, der Sicherung der Löhne, Arbeitszeitverkürzungen, Humanisierung der Arbeitswelt etc..
Als Instrumente zur Durchsetzung ihrer Forderungen gegenüber den Arbeitgebern stehen ihnen Tarifverhandlungen, Streiks sowie innerbetriebliche Mitbestimmung zur Verfügung. So oder ähnlich bekommt dies jeder Schüler während seiner Schulzeit im GK-Kurs auf den Weg. Zugegeben, die Gewerkschaften haben viel erreicht, zum Beispiel die Eingliederung der Arbeiter in die Gesellschaft und vor allem deren Mitwirkung an gesellschaftlichen Entscheidungsabläufen. Unbestrittenermaßen sind starke und einflußreiche Gewerkschaften ein fester Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft. Dennoch. In letzter Zeit wurden der DGB und die Angestelltengewerkschaft immer häufiger mit provozierenden Fragen konfrontiert. Diese betreffen zumeist die hartnäckige und völlig unverständliche Weigerung der deutschen Gewerkschaften in Bezug auf eine Liberalisierung der Ladenschlußzeiten, so wie sie in den übrigen europäischen Ländern längst mit Erfolg praktiziert wurde. Dasselbe gilt für die Einrichtung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen, genauso wie für das Wochenende, an dem auch ‚mal gearbeitet werden darf. In einer sich allmählich und immer rascher verändernden Gesellschaft die hin zu einer Dienstleistungs- und Freizeitgesellschaft. Mutiert“, geraten die Gewerkschaften mit ihrer Halsstarrigkeit ins Hintertreffen.
Die Gewerkschaften begehen bei ihrer Argumentation gegen diese längst überfälligen Liberalisierungen folgenden Fehler: Schiere Gewohnheiten werden zu sozialen Errungenschaften hochstilisiert, Gruppen, die für eine langsame Öffnung plädieren, als Ausbeuter oder Zerstörer des Sozialstaates beschimpft. Dies gilt für den Ladenschluß, als auch für die DGB-Kampagne gegen Wochenendarbeit; als ob nicht jeder Urlauber in den Mittelmeerländern es nicht schon einmal genossen hätte, abends um 20 Uhr einkaufen zu gehen. Ganz zu schweigen von den vom Aussterben bedrohten Innenstädten nach Ladenschluß. Alltag findet deshalb in Deutschland nur von 7.30 bis 18.30 Uhr statt und Ämter schließen rechtzeitig, bevor die Bürger richtig Zeit haben sie aufzusuchen.
Viel, viel schlimmer als der Verlust und Mangel an Freiheit und Lebensqualität ist jedoch die Tatsache, und dies müssen sich die Gewerkschaften wirklich ankreiden lassen, daß sie versuchen den Menschen einzureden, es sei schlimm, abends oder am Wochenende oder gar unregelmäßig zu arbeiten, denn diese Menschen werden von der Wirklichkeit eingeholt. Sie w erden unflexibel und das vermindert ihre Qualifikation für zukunftssichere und interessante Berufe. Die Berufe vielleicht, die das Drittel oder mehr der jungen Leute, die sich für eine Lehre entscheiden, ergreifen möchten.