Landwirte als Brunnenvergifter? – Artikel zur Düngeverordnung

Wenn man die Debatten in Deutschland zur Landwirtschaft verfolgt, dann hat man oft den Eindruck, dass die Landwirtschaft für alle negativen Entwicklungen in der Umwelt vom Klimawandel bis zum Tierschutz, vom Gewässerschutz bis zum Pflanzenschutz die Hauptverantwortung trägt. Dabei ist die Berichterstattung dominiert von einer bestimmten politischen Seite. Der Druck, der dabei auf die Höfe und die Landwirtsfamilien wirkt, ist erheblich. Wenn man Höfe besucht, spürt man eine gewisse Resignation auch was die Frage des Betriebsübergangs an die nächste Generation angeht. Die Vorwürfe von Politik und auch Teilen der Bevölkerung treffen die Familien hart, die seit Generationen ihre Böden bewirtschaften. Diese emotionale Entwicklung hat sich in den vergangenen Monaten in Demonstrationen in Berlin und den Landeshauptstädten Bahn gebrochen. 

Auslöser, der das Fass am Ende zum Überlaufen gebracht hat, war die geplante und inzwischen beschlossene, erneute Verschärfung der Düngeverordnung. Dabei ist die Folge für viele Betriebe, dass sie nicht mehr ausreichend düngen können und damit der Ertrag deutlich sinkt. Für die Betriebe, die ja in der Regel finanziell nicht auf Rosen gebettet sind, bedeutet das Einnahmeeinbußen durch bürokratische Vorschriften, die sie nicht ausgeglichen bekommen. 

Im Grunde geht der Streit mit der Politik sehr tief und dreht sich beispielhaft um die Frage, ob die wissenschaftlichen Grundlagen für die Düngeverordnung tatsächlich ausreichen, um Einschränkungen in dem geplanten Umfang vorzunehmen. Während andere Länder in der EU ihr Messnetz erheblich ausgeweitet haben, messen wir in Deutschland so großflächig, dass der Eindruck entsteht, es gäbe erhebliche Gebiete, die durch Nitrat belastet sind. Warum ausgerechnet in Deutschland die Nitratbelastung so viel höher sein soll als in europäischen Nachbarstaaten wie zum Beispiel die Niederlande oder Frankreich, die eine ähnlich intensive Landwirtschaft haben, lässt sich nicht erklären. Nur mit einem Messnetz, das gezielter in den sogenannten roten Gebieten misst, kann man die exakten Hotspots finden und gezielt Maßnahmen gegen Überdüngung ergreifen. 

Für Liberale ist klar: Der Schutz von Gewässern insbesondere des Grundwassers muss oberste Priorität haben. Aber für uns ist auch klar, dass wir einen effektiven Gewässerschutz nur gemeinsam MIT den Landwirten erreichen können. Verordnungen, die ständig strenger werden, ohne dass man die wissenschaftliche Grundlage schärft und abwartet, ob die bisherigen Regelungen greifen, frustrieren nur. Es dauert zum Teil Jahrzehnte bis der Regen von heute den Grundwasserkörper erreicht. Das schließt schnell messbare Erfolge durch veränderte Vorschriften aus.

Wir Freie Demokraten wollen gemeinsam mit den Landwirten Verbesserungen erreichen. Die Landwirte sind bereit, ihren Beitrag zu leisten, wenn man mit ihnen arbeitet und nicht gegen sie. Dabei gibt es schon erfolgreiche Projekte, wie in der Wetterau, die den Düngeeinsatz durch Beratung und Messung erheblich senken. Jeder Landwirt, der Dünger sparen kann, ohne den Ertrag zu gefährden, wird dies allein aus Gründen der Kostenersparnis gerne tun. 

Auch die Digitalisierung kann einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung von Düngung und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln leisten. GPS-gesteuerte Landmaschinen können Dünger zielgenau und nach Bedarf auf die Fläche bringen. Hier brauchen Landwirte dringend Unterstützung bei Investitionen und vor allen Dingen einen Breitbandausbau im ländlichen Raum, der den Einsatz der Technik ermöglicht. 

Überraschend hat der Bundesrat nun mitten in der Corona-Krise die umstrittene Düngeverordnung beschlossen. Mitten in einer Zeit, wo die Versorgung mit Lebensmitteln als so herausragend wichtig gelobt worden ist und in der außerdem das Demonstrationsrecht eingeschränkt ist. Die Enttäuschung der Landwirte über diese Entscheidung ist enorm. Sie fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. 

Man traut ihnen nicht mehr zu, dass sie das Beste für ihre Böden wollen. Wir Liberale sollten es uns schwerer machen. Wir sollten den Menschen auf den Höfen das Beste zutrauen. Eben weil sie seit Generationen nachhaltig wirtschaften und weil sie in Generationen denken. Der Boden und das Wasser sind für sie Lebensgrundlage und wirtschaftliche Grundlage zugleich. Es gibt keinen Zweifel daran, dass unsere Landwirte das große Interesse haben, ihre Wirtschafts- und Lebensgrundlage zu schützen. Dabei sollten wir sie alle unterstützen. 

Autorin: Wiebke Knell


Über den Autor: Wiebke Knell

Wiebke Knell ist stellvertretende Vorsitzende und Sprecherin für den ländlichen Raum, Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag. Im Präsidium der hessischen Freidemokraten beschäftigt sie sich mit dem Thema Kommunikation, inhaltlich verstärkt mit kommunalpolitischen Themen und dem Bereich des ländlichen Raums. Ihr erreicht sie unter: w.knell@ltg.hessen.de

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