Grüner Wasserstoff – Ein Interview mit Till Mansmann MdB

Welche Initiative müsste man laut der FDP im Hinblick auf den Klima- und Umweltschutz ergreifen?
Klima- und Umweltschutz gehen Hand in Hand. Nach wie vor müssen wir daher darauf setzen, endlich einen strikten CO2-Deckel als zentrales Lenkungsinstrument multilateral mit unseren internationalen Partnern einzuführen. Darüber hinaus könnten wir durch Maßnahmen wie die Zulassung paraffinischer Kraftstoffe schnell die Emissionen unserer bestehenden Verbrennerflotte senken. Zudem müssen endlich, wie in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Ganz grundsätzlich gilt, dass wir technologieoffene Vorgaben machen müssen. Uns kann es egal sein, wie sie eingehalten werden. Das sollen Ingenieure entscheiden und nicht Politiker.
Was meinen Sie, was müsste man auf diesem Gebiet anders machen?
Die Bundesrepublik zeichnet sich u. a. durch ihre sehr hohen Umweltschutzstandards aus. Das ist gut so und daran wollen wir nichts ändern. Mit Blick auf darüber noch hinausgehende Verschärfungen müssen wir Fragen der Verhältnismäßigkeit und Effektivität berücksichtigen. Ansonsten riskieren wir Ausweichbewegungen in Regionen der Erde mit niedrigeren Standards. Effektivität bedeutet in diesem Zusammenhang, die bereits bestehenden Regelungen besser durchzusetzen. Wichtig ist, auch in Umweltschutzfragen endlich Schluss mit Symbolpolitik zu machen, wie wir sie vom deutschen Plastiktütenverbot kennen. Im Zentrum muss für uns stattdessen die Stärkung des Vollzugs stehen.
Wie können andere Länder (in Europa und weltweit) zu Umweltschutzinitiativen motiviert werden?
Viele Regelungen betreffend den Umwelt- und Klimaschutz werden aktuell auf EU-Ebene getroffen. Die EU-Kommission setzt dabei immer häufiger auf delegierte Rechtsakte und Verordnungen. Die nationalen Parlamente werden dadurch zunehmend aus dem Spiel genommen. Vor allem westeuropäische Länder – nicht zuletzt auch die Bundesrepublik – setzen sich dabei für ausgesprochen strenge Vorgaben ein. Dieses Ambitionsniveau ist löblich, nützt uns schlussendlich aber nichts, wenn wir die Realitäten und Kapazitäten unserer Partner ignorieren und überspannen. Es genügt nicht, wenn nur einzelne Staaten die hochgesteckten Ziele erreichen. Auch in diesem Kontext stellt sich ein Schadstoffdeckel, der in einen globalen Klimaclub eingebettet ist, als das Mittel der Wahl dar.
Wie können wir Julis ein effektives Zeichen für den Umweltschutz setzen?
Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes erfreuen sich aktuell großer Aufmerksamkeit. So wünschenswert das prinzipiell ist, so ungünstig – weil alarmistisch und einseitig – wird die Debatte leider manchmal geführt. Ihr JuLis seid programmatisch ganz anders aufgestellt. Ihr habt immer wieder betont, nicht ökologische und ökonomische Interessen gegeneinander ausspielen zu wollen. Ihr zeichnet Euch durch Technologieoffenheit aus und nehmt in diesem Sinne – im Gegensatz zu anderen Jugendorganisationen – konstruktiven Einfluss auf die Politik und unsere Fraktionen in den Parlamenten. Bitte erhaltet Euch das. Gleichzeitig seid ihr mit dieser Einsicht wichtige Multiplikatoren
insbesondere in der Generation, die am meisten von einem nachhaltigen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen zu profitieren hat – und am meisten unter einem nichtnachhaltigen Weiter-so leidet. Sprecht das Thema an, haltet den Druck aufrecht und zeigt in Eurer Kommunikation, dass das Thema Umwelt- und Klimaschutz eben nicht auf rücksichtlosen, einseitigen Alarmismus angewiesen ist!
Was halten Sie von der „Letzten Generation,“ die sich an Gegenstände klebt oder diese sogar beschädigt, um auf mangelnde Klimapolitik aufmerksam zu machen?
Die Klima-Kleber-Gruppe „Letzte Generation“ zeichnet sich durch rücksichtslosen Alarmismus aus. Zumindest versuchte Behinderungen der Arbeit des Bundestags, Angriffe auf Parteizentralen, Straßenblockaden und Ähnliches machen deutlich, wie wenig Respekt die selbsternannten Aktivisten
gegenüber unserer liberalen Demokratie und der arbeitenden Bevölkerung dieses Landes haben. Das ärgert mich auch deshalb so sehr, weil das wichtige Anliegen effektiven Klimaund Umweltschutzes durch solche Aktionen diskreditiert wird. Trotzdem müssen wir keine langen Debatten über den Umgang mit diesen Vorfällen führen: Wo Gesetze gebrochen werden, müssen sie konsequent und fair geahndet werden. Das ist in unserem Rechtsstaat völlig klar. Wichtig ist, dass das jetzt für alle schnell sichtbar wird.
Welche Initiativen wurden seit der neuen Legislaturperiode ergriffen bezüglich des Umweltschutzes?
Bisher bleibt das – ironischerweise Grün-geführte– Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hinter den Vereinbarungen zurück. Als Freie Demokraten im Bundestag erwarten wir, dass das Ministerium in diesem Jahr endlich unsere im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen umsetzt.
Welche Rolle wird grüner Wasserstoff in der Zukunft spielen und welchen Einfluss hat dieser direkt auf den Klimaschutz?
Die Idee, unser Land autark mit erneuerbaren Energien zu versorgen, ist technologisch absurd und ökonomisch höchstgefährlich. Im Kontext einer globalen Wasserstoffwirtschaft ist Grüner Wasserstoff dagegen unsere Zukunftsenergie für Industrie, Verkehr, unsere Wärme und für uns als Stromverbraucher. Mit ihm können wir unser Land sauber, sicher und selbstbestimmt mit Energie versorgen. Wasserstoff ermöglicht uns, Energie aus nachhaltigen Quellen wie Sonne und Wind in Zusammenarbeit mit Ländern zu gewinnen, die zuverlässig sind und unsere Werte teilen. Wie wichtig das ist, zeigt die aktuelle Weltlage uns momentan. Gleichzeitig bietet die Technologie uns die Chance, Deutschland endlich wieder zum industriellen Vorreiter auf einem wichtigen Zukunftsfeld zu machen. Im von der FDP geführten Bundesministerium für Bildung und Forschung arbeiten wir deshalb intensiv daran, dass Wasserstoff-Technologie „Made in Germany“ zur Marke wird.